40 Jahre Boxerzucht

Friederun Stockmann. Sie prägte unsere Rasse mitentscheidend. Nachfolgender Artikel, entnommen aus den BB 8/1951, schildert ihr Leben mit Boxern Anfang dieses Jahrhunderts und wir wollen Ihnen diese eindrucksvolle Entwicklung vorstellen.

Als mein Bruder einmal zu Weihnachten ein Buch mit Bildern und Aufsätzen von den bekanntesten Hunderassen geschenkt bekam, sah ich den ersten Boxer - oder war es eine schlechte Bulldogge. Kurzum, von diesem Zeitpunkt ab stand bei mir fest, so einen Hund mußte ich haben und wenn ich an mein seitheriges Leben zurückdenke, so ist es unlöslich mit dem Boxer verbunden geblieben. Obwohl mir Zuhause so ziemlich jeder Wunsch erfüllt wurde, so konnte ich doch einen, den brennendstenden, bei meinen Eltern nicht durchdrücken, den einen Hund halten zu dürfen. Im Jahre 1909 kam ich jedoch nach München, um bei Herrn Prof. Baermann Bildhauerei zu studieren. Im Elternhaus streng gehalten und unselbständig, freute ich mich auf die winkende Freiheit. Wenn jedoch andere junge Mädels Bälle, Theater und derlei Vergnügungen nachgingen, so lockten mich nur die Ausflüge in die herrliche Umgebung Münchens mit einem Begleiter, aber nicht mit einem zwei-, sondern einem vierbeinigen, und zwar schwebte mir dabei im Geiste immer ein Boxer vor. In den abendlichen Zeichenstunden lernte ich später meinen zukünftigen Mann kennen. Lange Zeit schenkte ich ihm ebensowenig Interesse wie jedem anderen. Da erzählte er eines Tages, wie ihm sein Hund bei der Begrüßung die Lampe aus der Hand geschlagen hat. Das ließ mich aufhorchen und ich fragte ihn, was für einen Hund er habe. "So ein getigerter, mit dicken Kopf und einem großen schwarzen Maul" war seine Antwort. Also ein Boxer! Von diesem Augenblick an wurde mein Interesse für den Herrn Boxerbesitzer rege. Ich lernte dann bald ihn und vor allem seinen Hund "Pluto" näher kennen. Über Pluto habe ich schon viel geschrieben und ich will mich deshalb kurz fassen. In einer Hinsicht war es der besterzogene Boxer, den ich je gesehen habe, aber mein Mann hatte ihn öfters längere Zeit in fremde Hände geben müssen und da hatte sich der temperamentvolle Rüde allerhand Unarten, angewohnt. Leider war er u.a. ein berüchtigter Raufbold und Wilderer geworden, der einen starken Sechserbock auf freier Wildbahn zusammenriß und einen ihm an Größe weit überlegenen Hundegegner mit einem Biß das Rückgrat brach.

Nach einem halben Jahr meiner Bekanntschaft ging Pluto als erster Vertreter seiner Rasse in meinen Besitz über. Seine Auswüchse haben mir viel Kummer und Unannehmlichkeiten bereitet. Trotzdem war er lange Zeit für mich der schönste und liebste Boxer. Aber der Hund allein befriedigte mich noch nicht, ich wollte mehr von dieser Rasse wissen und hören. Durch Herrn Albert Schmöger erhielt ich die erste Boxerliteratur. Broschüre und Boxerblätter mit Richterberichten. Nun wurde studiert und mein Pluto im Geiste mit den ersten Preisträgern verglichen, aber o Weh! Erst mußte ich Halshaut oder sagen wir gleich Wamme bei meinem Hund feststellen, dann erforschte ich eine steile Hinterhand - den überlangen Rücken sah ich noch gar nicht. Es war eine Enttäuschung, zumal Pluto auch keinen Stammbaum hatte. Aber ich tröstete mich damit, daß er vielleicht einmal einen besseren Sohn haben könnte. Eintragungen von Boxern waren damals möglich, wenn sie nach Urteil eines Sachverständigen auf einer Ausstellung mindestens die Note "Hochlobende Erwähnung" bekamen. Es war seiner Zeit wohl Vermessenheit von mir, als ich eines Tages bei Herrn Schmöger mit meinem Pluto aufkreuzte mit der Anfrage, ob ich den Hund eingetragen bekäme und ob ich mit ihm züchten könne? Zu meiner Freude bejahte Herr Schmöger beides, ja über das hinaus wußte er mir sogar eine passende Hündin von 6 Monaten. Im Ernst hatte ich ja nie daran gedacht eine Hündin zu kaufen, aber jetzt war ich gefangen und nach 8 Tagen war Laska mein Eigentum. Wohl war mir nicht zu Mute. Pluto hatte ich mit diplomatischen Kniffen meinen Eltern eingestanden, aber jetzt dazu noch eine Hündin! Die Zeit meines Studiums ging ihrem Ende zu und ich mußte mich zu etwas entschließen. Es blieb nichts übrig, als meine Hunde mitzunehmen. So trat ich dann auch die lange Reise über Lübeck mit dem Schiff nach Riga an. An den Kostenpunkt dachte ich damals nicht - hierfür waren meine guten Eltern da. Vor meiner Abreise führte ich Laska Herrn Schmöger vor. War es nun sein Ernst oder Diplomatie, kurz er lobte mir Laska, die mittlerweile 9 Monate alt geworden war, über den grünen Klee, sagte aber, eine so schöne Hündin dürfe ich doch auf keinen Fall von einem Rüden wie Pluto decken lassen, wenn es so weit wäre. Mit diesen Worten wurde ich nach Riga entlassen. Meine geheime Spekulation erwies sich als richtig. Beide Boxer eroberten die Herzen meiner Eltern, besonders Laska das meines Vaters im Sturm. Mittlerweile war ich Mitglied des Boxerklubs geworden und eifrige Leserin der "Boxerblätter" und der Zeitschrift "Hundesport und Jagd". Damals war der Rüde "Rolf Vogelsberg" der aufgehende Stern bei den gestromten Boxern -, für mich gab es nur gestromte, trotzdem Laska gelb mit einseitiger weißen Schniepe war - und dieser Champion Rolf Vogelsberg ließ mich nicht mehr los. Das Jahr 1911 entschied mehr in meinem Leben. Mein Mann kam nach Riga und wir heirateten dort. Kurz darauf sollte der Besuch unserer ersten Ausstellung steigen. Diese fand in München statt. 10 Tage vorher reisten wir mit unseren Hunden von Riga ab. Diesesmal per Bahn, damit die Hunde nicht so lange eingesperrt sein sollten, ja wenn der Mensch alles wissen könnte! Als wir an die Grenze kamen, waren unsere Hunde nicht da. Was machen? Heute wäre ich wohl auf der Station geblieben und hätte dort gewartet. Damals wurde uns gesagt: So etwas komme auf den russischen Bahnen öfters vor, wenn die Hunde unruhig sind, werden sie einfach irgendwo hinaus gestellt und können warten, bis man sie wieder mitnimmt. Mein Mann veranlaßte, daß telegraphisch nach den Hunden gesucht und diese uns dann auf dem kürzesten Wege nachgeschickt würden. Einigermaßen beruhigt setzten wir dann unsere Reise fort. Nach zwei Tagen waren wir in unserem neuen Heim in Fürstenfeldbruck bei München. Wer nicht kam, waren die Hunde. Auch am nächsten Tag nicht und am übernächsten ebensowenig. Tag für Tag pilgerten wir auf den Bahnhof - umsonst! Ich war ganz verzweifelt und hatte alle Hoffnung aufgegeben. Da, am achten Tag, drei Tage vor der Ausstellung, trafen sie ein. Sehr mager und struppig, aber durchaus gesund und munter. Nach drei Tagen brachte ich Laska auf die Ausstellung, wo sie sich in ihrer Klasse den Reservepreis holen konnte. Laska und Pluto waren nach den damaligen Bestimmungen unter dem Zwingernamen "v. Dom" eingetragen, obgleich keinem von beiden es vergönnt war, in der Zücht weiter zu leben. Pluto starb unbeweibt und Laskas Junge befriedigten nicht. Auf der Münchner Ausstellung sah ich wieder Rolf Vogelsberg und erfuhr, daß dieser Rüde zu verkaufen sei. Der Preis war für damalige Zeit hoch - aber hatte ich nicht das Geld für meine Aussteuer? Und wieder war es wie immer; vor den Hunden mußten alle anderen Wünsche zurückstehen. So kam ein Tag, wo es hieß, Abschied nehmen von Pluto, den ein Bekannter übernahm, und der Einzug von Rolf Vogelsberg im Zwinger v. Dom. Heute kommt es mir immer noch wie eine Treulosigkeit vor, daß ich meinen alten Pluto, den ich wirklich von Herzen geliebt und der eigentlich unser Ehestifter gewesen ist, in fremde, wenn auch gute, Hände abgegeben haben. Pluto war auch die Ursache meines Zwingernamens. Er residierte in seinen ersten Lebensjahren in Mainz bei meiner Schwiegermutter. Dieselbe wohnte gegenüber vom Mainzer Dom. Von dort aus startete Pluto seine ersten Raufhändel und Abenteuer. Daher: Pluto vom Dom und der Zwingername "v. Dom".

Später wurde mir vom Ausland zu verstehen gegeben, daß "v. Dom" überragend bedeute und es zum mindesten von einem jungen Züchter anmaßend wäre, einen solchen Zwingernamen zu wählen - von meiner Seite geschah es ganz unbewußt. Mir ging es wie vielen jungen Anfängern. Ich hatte nun mit Laska angefangen, dazu kam Rolf Vogelsberg und damit war noch lange nicht Schluß. Ein glücklicher Zufall ließ mich einen Hund erwerben, der bestimmend für die ganze Boxerzucht werden sollte. Freilich war Laska züchterisch ein Versager. Aber ehe ich mit ihr züchten konnte und ehe ich Rolf erwarb, kaufte ich Traudel v. Steinhausen, die Mutter von Laska, eine alte ausgediente Hündin, aber in Zuchtqualität ihrer Tochter weit überlegen. Der erste Wurf brachte mir aber schon Kummer. Es fielen 5 Rüden, 3 Hündinnen, gestromt und gelb mit kleinen weißen Abzeichen. Lebensfähig waren nur 3 Rüden und 1 Hündin. Ich suchte für mich gleich einen Rüden ohne jedes Weiß aus und träumte schon von einem selbstgezogenen Sieger. Am achten Tage wurde dieser Rüde von der Mutter totgedrückt. Ich war sehr niedergeschlagen und beschloß als Ersatz für ihn seine Schwester, ebenfalls eine Hündin ohne Weiß, zu behalten. Die Kleine entwickelte sich herrlich, begann aber schon mit 8 Wochen die Zunge zu zeigen und zwar in einem Maße, wie ichs nie wieder gesehen habe. Ich verschenkte sie jung an einen guten Platz. Es blieben nur noch zwei Rüden übrig, ein gestromter und ein gelber mit Blässe. Beide waren schon vergeben und beide wurden Spitzentiere - nach heutigem Begriff V-Tiere. Der gestromte Wotan v. Dom schlug sogar einmal seinen berühmten Halbbruder Champ. Rolf Wallhall. Sein Bruder, Racker v. Dom, erhielt ebenfalls etliche 1. Preise. Für den Anfang, trotz der Nackenschläge immerhin ein Erfolg. Als zweiter Wurf folgte der von Laske mit lauter Mittelware. Ein dritter Wurf wieder von Traudel mit der ersten Verbindung brachte 9 Rüden, davon 4 weiße und nur 2 lebensfähige, von denen nur einer, Credo v. Dom, mit Erfolg gezeigt wurde. Mein vierter Wurf brachte den langersehnten Sieger. Herr Schmöger hatte damals eine kleine, aber sehr typische gestromte Hündin. Da er seit Jahren immer Unglück mit seinen Würfen hatte und fast nie einen Welpen hoch brachte, beschlossen wir, daß ich seine Bilma für einen Wurf ausleihen und ihm zwei Welpen als Leihgebühr abtreten sollte. Bilma brachte meinen größten Wurf für lange Zeit. 6 Rüden und 5 Hündinnen. 5 ließ ich ihr, die anderen 6 gab ich meiner Laska, die mit ihr heiß gewesen, aber nicht gedeckt worden war. Laska zog die Jungen wunderbar auf. In diesem Wurf lag mein erster Sieger, Dampf v. Dom. Im März 1914 bekam er in Hamburg in allerschwerster Konkurrenz unter 6 sicheren Sieger- anwärtern den Titel. Es war mir nicht möglich gewesen, die Ausstellung zu besuchen, da meine Tochter vor 14 Tagen auf die Welt gekommen war und mein Mann konnte einem guten Angebot nicht widerstehen und verkaufte dort Dampf nach Amerika. Damit hörte jede Nachricht über ihn auf und erst nach 20 Jahren vernahmen wir, daß er in USA als erster Boxer Champion geworden war. Dampf hatte noch verschiedene Geschwister, deren Nachzucht in der Boxer-Geschichte eine Rolle gespielt haben. Nur einer hatte wieder Pech, Herr Albert Schmöger. Er suchte sich das gelbe Pärchen aus, das im Wurf lag. Die Hündin, nach Dampf das bedeutendste Tier im Satz, trat er an unseren alten Sportsfreund Herrn Josef Widmann ab und der Rüde, der nach seinem speziellen Wunsch den Namen Debes (d.h. der Beste) führen sollte, wurde das schlechteste Tier des Wurfes. Mittlerweile erwarb ich noch verschiedene Hündinnen, es waren meist schöne, aber zum Teil schon verbrauchte Tiere. Sehe ich heute mein Zwingerbuch durch, so möchte ich den Kopf über soviel Unverstand schütteln. Die beste war noch die gestromte Siegerin Urschi v. Hiltens- berg, eine wirklich entzückende 3jährige Hündin, die es auf 40 1. Preise gebracht hat. Ich zog 3 Würfe nach ihr; bedeutend war nur ihre Tochter Morna v. Dom, die lange den Beinamen "Der Stolz von Leipzig" führte. Im ganzen aber befriedigten mich meine Zuchterfolge wenig, ich hatte eine Anzahl Hündinnen, aber ich spürte es: Nicht die richtigen. Ich war dann in Unterhandlung um eine mächtige typische Hündin, die ich auf der Ausstellung in Ulm sah. Doch warfen die schweren kommen- den Zeiten schon ihre Schatten voraus. Auf dieser Veranstaltung erfuhren wir die Ermordung des Erzherzogs in Sarajewo.

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Boxer-Klub E.V.

40 Jahre Boxerzucht

Friederun Stockmann. Sie prägte unsere Rasse mitentscheidend. Nachfolgender Artikel, entnommen aus den BB 8/1951, schildert ihr Leben mit Boxern Anfang dieses Jahrhunderts und wir wollen Ihnen diese eindrucksvolle Entwicklung vorstellen.

Als mein Bruder einmal zu Weihnachten ein Buch mit Bildern und Aufsätzen von den bekanntesten Hunderassen geschenkt bekam, sah ich den ersten Boxer - oder war es eine schlechte Bulldogge. Kurzum, von diesem Zeitpunkt ab stand bei mir fest, so einen Hund mußte ich haben und wenn ich an mein seitheriges Leben zurückdenke, so ist es unlöslich mit dem Boxer verbunden geblieben. Obwohl mir Zuhause so ziemlich jeder Wunsch erfüllt wurde, so konnte ich doch einen, den brennendstenden, bei meinen Eltern nicht durchdrücken, den einen Hund halten zu dürfen. Im Jahre 1909 kam ich jedoch nach München, um bei Herrn Prof. Baermann Bildhauerei zu studieren. Im Elternhaus streng gehalten und unselbständig, freute ich mich auf die winkende Freiheit. Wenn jedoch andere junge Mädels Bälle, Theater und derlei Vergnügungen nachgingen, so lockten mich nur die Ausflüge in die herrliche Umgebung Münchens mit einem Begleiter, aber nicht mit einem zwei-, sondern einem vierbeinigen, und zwar schwebte mir dabei im Geiste immer ein Boxer vor. In den abendlichen Zeichenstunden lernte ich später meinen zukünftigen Mann kennen. Lange Zeit schenkte ich ihm ebensowenig Interesse wie jedem anderen. Da erzählte er eines Tages, wie ihm sein Hund bei der Begrüßung die Lampe aus der Hand geschlagen hat. Das ließ mich aufhorchen und ich fragte ihn, was für einen Hund er habe. "So ein getigerter, mit dicken Kopf und einem großen schwarzen Maul" war seine Antwort. Also ein Boxer! Von diesem Augenblick an wurde mein Interesse für den Herrn Boxerbesitzer rege. Ich lernte dann bald ihn und vor allem seinen Hund "Pluto" näher kennen. Über Pluto habe ich schon viel geschrieben und ich will mich deshalb kurz fassen. In einer Hinsicht war es der besterzogene Boxer, den ich je gesehen habe, aber mein Mann hatte ihn öfters längere Zeit in fremde Hände geben müssen und da hatte sich der temperamentvolle Rüde allerhand Unarten, angewohnt. Leider war er u.a. ein berüchtigter Raufbold und Wilderer geworden, der einen starken Sechserbock auf freier Wildbahn zusammenriß und einen ihm an Größe weit überlegenen Hundegegner mit einem Biß das Rückgrat brach.

Nach einem halben Jahr meiner Bekanntschaft ging Pluto als erster Vertreter seiner Rasse in meinen Besitz über. Seine Auswüchse haben mir viel Kummer und Unannehmlichkeiten bereitet. Trotzdem war er lange Zeit für mich der schönste und liebste Boxer. Aber der Hund allein befriedigte mich noch nicht, ich wollte mehr von dieser Rasse wissen und hören. Durch Herrn Albert Schmöger erhielt ich die erste Boxerliteratur. Broschüre und Boxerblätter mit Richterberichten. Nun wurde studiert und mein Pluto im Geiste mit den ersten Preisträgern verglichen, aber o Weh! Erst mußte ich Halshaut oder sagen wir gleich Wamme bei meinem Hund feststellen, dann erforschte ich eine steile Hinterhand - den überlangen Rücken sah ich noch gar nicht. Es war eine Enttäuschung, zumal Pluto auch keinen Stammbaum hatte. Aber ich tröstete mich damit, daß er vielleicht einmal einen besseren Sohn haben könnte. Eintragungen von Boxern waren damals möglich, wenn sie nach Urteil eines Sachverständigen auf einer Ausstellung mindestens die Note "Hochlobende Erwähnung" bekamen. Es war seiner Zeit wohl Vermessenheit von mir, als ich eines Tages bei Herrn Schmöger mit meinem Pluto aufkreuzte mit der Anfrage, ob ich den Hund eingetragen bekäme und ob ich mit ihm züchten könne? Zu meiner Freude bejahte Herr Schmöger beides, ja über das hinaus wußte er mir sogar eine passende Hündin von 6 Monaten. Im Ernst hatte ich ja nie daran gedacht eine Hündin zu kaufen, aber jetzt war ich gefangen und nach 8 Tagen war Laska mein Eigentum. Wohl war mir nicht zu Mute. Pluto hatte ich mit diplomatischen Kniffen meinen Eltern eingestanden, aber jetzt dazu noch eine Hündin! Die Zeit meines Studiums ging ihrem Ende zu und ich mußte mich zu etwas entschließen. Es blieb nichts übrig, als meine Hunde mitzunehmen. So trat ich dann auch die lange Reise über Lübeck mit dem Schiff nach Riga an. An den Kostenpunkt dachte ich damals nicht - hierfür waren meine guten Eltern da. Vor meiner Abreise führte ich Laska Herrn Schmöger vor. War es nun sein Ernst oder Diplomatie, kurz er lobte mir Laska, die mittlerweile 9 Monate alt geworden war, über den grünen Klee, sagte aber, eine so schöne Hündin dürfe ich doch auf keinen Fall von einem Rüden wie Pluto decken lassen, wenn es so weit wäre. Mit diesen Worten wurde ich nach Riga entlassen. Meine geheime Spekulation erwies sich als richtig. Beide Boxer eroberten die Herzen meiner Eltern, besonders Laska das meines Vaters im Sturm. Mittlerweile war ich Mitglied des Boxerklubs geworden und eifrige Leserin der "Boxerblätter" und der Zeitschrift "Hundesport und Jagd". Damals war der Rüde "Rolf Vogelsberg" der aufgehende Stern bei den gestromten Boxern -, für mich gab es nur gestromte, trotzdem Laska gelb mit einseitiger weißen Schniepe war - und dieser Champion Rolf Vogelsberg ließ mich nicht mehr los. Das Jahr 1911 entschied mehr in meinem Leben. Mein Mann kam nach Riga und wir heirateten dort. Kurz darauf sollte der Besuch unserer ersten Ausstellung steigen. Diese fand in München statt. 10 Tage vorher reisten wir mit unseren Hunden von Riga ab. Diesesmal per Bahn, damit die Hunde nicht so lange eingesperrt sein sollten, ja wenn der Mensch alles wissen könnte! Als wir an die Grenze kamen, waren unsere Hunde nicht da. Was machen? Heute wäre ich wohl auf der Station geblieben und hätte dort gewartet. Damals wurde uns gesagt: So etwas komme auf den russischen Bahnen öfters vor, wenn die Hunde unruhig sind, werden sie einfach irgendwo hinaus gestellt und können warten, bis man sie wieder mitnimmt. Mein Mann veranlaßte, daß telegraphisch nach den Hunden gesucht und diese uns dann auf dem kürzesten Wege nachgeschickt würden. Einigermaßen beruhigt setzten wir dann unsere Reise fort. Nach zwei Tagen waren wir in unserem neuen Heim in Fürstenfeldbruck bei München. Wer nicht kam, waren die Hunde. Auch am nächsten Tag nicht und am übernächsten ebensowenig. Tag für Tag pilgerten wir auf den Bahnhof - umsonst! Ich war ganz verzweifelt und hatte alle Hoffnung aufgegeben. Da, am achten Tag, drei Tage vor der Ausstellung, trafen sie ein. Sehr mager und struppig, aber durchaus gesund und munter. Nach drei Tagen brachte ich Laska auf die Ausstellung, wo sie sich in ihrer Klasse den Reservepreis holen konnte. Laska und Pluto waren nach den damaligen Bestimmungen unter dem Zwingernamen "v. Dom" eingetragen, obgleich keinem von beiden es vergönnt war, in der Zücht weiter zu leben. Pluto starb unbeweibt und Laskas Junge befriedigten nicht. Auf der Münchner Ausstellung sah ich wieder Rolf Vogelsberg und erfuhr, daß dieser Rüde zu verkaufen sei. Der Preis war für damalige Zeit hoch - aber hatte ich nicht das Geld für meine Aussteuer? Und wieder war es wie immer; vor den Hunden mußten alle anderen Wünsche zurückstehen. So kam ein Tag, wo es hieß, Abschied nehmen von Pluto, den ein Bekannter übernahm, und der Einzug von Rolf Vogelsberg im Zwinger v. Dom. Heute kommt es mir immer noch wie eine Treulosigkeit vor, daß ich meinen alten Pluto, den ich wirklich von Herzen geliebt und der eigentlich unser Ehestifter gewesen ist, in fremde, wenn auch gute, Hände abgegeben haben. Pluto war auch die Ursache meines Zwingernamens. Er residierte in seinen ersten Lebensjahren in Mainz bei meiner Schwiegermutter. Dieselbe wohnte gegenüber vom Mainzer Dom. Von dort aus startete Pluto seine ersten Raufhändel und Abenteuer. Daher: Pluto vom Dom und der Zwingername "v. Dom".

Später wurde mir vom Ausland zu verstehen gegeben, daß "v. Dom" überragend bedeute und es zum mindesten von einem jungen Züchter anmaßend wäre, einen solchen Zwingernamen zu wählen - von meiner Seite geschah es ganz unbewußt. Mir ging es wie vielen jungen Anfängern. Ich hatte nun mit Laska angefangen, dazu kam Rolf Vogelsberg und damit war noch lange nicht Schluß. Ein glücklicher Zufall ließ mich einen Hund erwerben, der bestimmend für die ganze Boxerzucht werden sollte. Freilich war Laska züchterisch ein Versager. Aber ehe ich mit ihr züchten konnte und ehe ich Rolf erwarb, kaufte ich Traudel v. Steinhausen, die Mutter von Laska, eine alte ausgediente Hündin, aber in Zuchtqualität ihrer Tochter weit überlegen. Der erste Wurf brachte mir aber schon Kummer. Es fielen 5 Rüden, 3 Hündinnen, gestromt und gelb mit kleinen weißen Abzeichen. Lebensfähig waren nur 3 Rüden und 1 Hündin. Ich suchte für mich gleich einen Rüden ohne jedes Weiß aus und träumte schon von einem selbstgezogenen Sieger. Am achten Tage wurde dieser Rüde von der Mutter totgedrückt. Ich war sehr niedergeschlagen und beschloß als Ersatz für ihn seine Schwester, ebenfalls eine Hündin ohne Weiß, zu behalten. Die Kleine entwickelte sich herrlich, begann aber schon mit 8 Wochen die Zunge zu zeigen und zwar in einem Maße, wie ichs nie wieder gesehen habe. Ich verschenkte sie jung an einen guten Platz. Es blieben nur noch zwei Rüden übrig, ein gestromter und ein gelber mit Blässe. Beide waren schon vergeben und beide wurden Spitzentiere - nach heutigem Begriff V-Tiere. Der gestromte Wotan v. Dom schlug sogar einmal seinen berühmten Halbbruder Champ. Rolf Wallhall. Sein Bruder, Racker v. Dom, erhielt ebenfalls etliche 1. Preise. Für den Anfang, trotz der Nackenschläge immerhin ein Erfolg. Als zweiter Wurf folgte der von Laske mit lauter Mittelware. Ein dritter Wurf wieder von Traudel mit der ersten Verbindung brachte 9 Rüden, davon 4 weiße und nur 2 lebensfähige, von denen nur einer, Credo v. Dom, mit Erfolg gezeigt wurde. Mein vierter Wurf brachte den langersehnten Sieger. Herr Schmöger hatte damals eine kleine, aber sehr typische gestromte Hündin. Da er seit Jahren immer Unglück mit seinen Würfen hatte und fast nie einen Welpen hoch brachte, beschlossen wir, daß ich seine Bilma für einen Wurf ausleihen und ihm zwei Welpen als Leihgebühr abtreten sollte. Bilma brachte meinen größten Wurf für lange Zeit. 6 Rüden und 5 Hündinnen. 5 ließ ich ihr, die anderen 6 gab ich meiner Laska, die mit ihr heiß gewesen, aber nicht gedeckt worden war. Laska zog die Jungen wunderbar auf. In diesem Wurf lag mein erster Sieger, Dampf v. Dom. Im März 1914 bekam er in Hamburg in allerschwerster Konkurrenz unter 6 sicheren Sieger- anwärtern den Titel. Es war mir nicht möglich gewesen, die Ausstellung zu besuchen, da meine Tochter vor 14 Tagen auf die Welt gekommen war und mein Mann konnte einem guten Angebot nicht widerstehen und verkaufte dort Dampf nach Amerika. Damit hörte jede Nachricht über ihn auf und erst nach 20 Jahren vernahmen wir, daß er in USA als erster Boxer Champion geworden war. Dampf hatte noch verschiedene Geschwister, deren Nachzucht in der Boxer-Geschichte eine Rolle gespielt haben. Nur einer hatte wieder Pech, Herr Albert Schmöger. Er suchte sich das gelbe Pärchen aus, das im Wurf lag. Die Hündin, nach Dampf das bedeutendste Tier im Satz, trat er an unseren alten Sportsfreund Herrn Josef Widmann ab und der Rüde, der nach seinem speziellen Wunsch den Namen Debes (d.h. der Beste) führen sollte, wurde das schlechteste Tier des Wurfes. Mittlerweile erwarb ich noch verschiedene Hündinnen, es waren meist schöne, aber zum Teil schon verbrauchte Tiere. Sehe ich heute mein Zwingerbuch durch, so möchte ich den Kopf über soviel Unverstand schütteln. Die beste war noch die gestromte Siegerin Urschi v. Hiltens- berg, eine wirklich entzückende 3jährige Hündin, die es auf 40 1. Preise gebracht hat. Ich zog 3 Würfe nach ihr; bedeutend war nur ihre Tochter Morna v. Dom, die lange den Beinamen "Der Stolz von Leipzig" führte. Im ganzen aber befriedigten mich meine Zuchterfolge wenig, ich hatte eine Anzahl Hündinnen, aber ich spürte es: Nicht die richtigen. Ich war dann in Unterhandlung um eine mächtige typische Hündin, die ich auf der Ausstellung in Ulm sah. Doch warfen die schweren kommen- den Zeiten schon ihre Schatten voraus. Auf dieser Veranstaltung erfuhren wir die Ermordung des Erzherzogs in Sarajewo.

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